Der „Vintrim“-Rover P6
Von
einem Rover P6-Besitzer in Neuseeland erhielt ich 1993 auf die Frage, ob die
heimische Fachpresse über den Rover P6 berichtet habe, ein Exemplar der
Zeitschrift „NZ Classic Car“ zugeschickt (Ausgabe März 1992). Auf dem
Titelbild war ein etwas ungewöhnlich aussehender Rover P6 3500 abgebildet, der
als „Vintrim“-Rover bezeichnet wurde. Sofort neugierig geworden, schaute ich
nach dem entsprechenden Bericht. Was ich schließlich las und sah, hat mich doch
in Erstaunen versetzt. Da gab es im fernen Neuseeland eine Firma, die spezielle
Umbauten an Rover P6-Fahrzeugen vornahm - und das etliche Jahre nach
Produktionsende.
Der
Bericht informierte über Ausstattungs- und Motorendetails, gefolgt von einem
kurzen „Road Test“, in dem das Fahrzeug vom Autor sehr gelobt wurde, obwohl er während seiner Testfahrt mit dem
Rover eine Panne hatte (Defekt am Verteiler).
Ich
habe „Vintrim“ um weitere Informationen gebeten und bekam diese auch prompt
zugeschickt. Im Begleittext zur Präsentation des „Vintrim“-P6 konnte man
u.a. lesen:
„Der Rover 3500 V8 wurde immer als
Mitglied jener speziellen Rasse von einzigartigen britischen Automobilen
angesehen. Ausgestattet mit einem klaren „Oberklasse“-Image besitzt er in
den Augen vieler eine gewisse „Aura“, welche vielen modernen Autos fehlt.
Zu ihrer Zeit wurden sie von erfolgreichen
berufstätigen Menschen gekauft, wie z.B. Ärzte und Rechtsanwälte, die den
Rover als einen perfekten „Express“ für den Geschäftsmann etablierten.
Ebenso wurden sie geradezu geachtet als schnelle und sichere Fahrzeuge.
Auf die Technik und Fertigungsqualität des
Rover wurde immer besonders Wert gelegt, um oberhalb des Standards der damaligen
Zeit zu sein und bei seiner Präsentation glänzte der Wagen mit einer der
kultiviertesten Radaufhängungen der Welt. Die Qualität und die Langlebigkeit des
V8-Motors wurde legendär. Man sieht immer noch viele Rover V8 auf unseren Straßen,
gut aussehend und stets zu Diensten.
Insgesamt hat der Wagen einiges, was
kommentiert werden muss; einen der besten Motoren, die je gebaut wurden, mit großen
und zuverlässigen Leistungsreserven (der Motor wird noch immer produziert). Vom
Beginn seiner Produktionsgeschichte an war der Rover mit exzellenten Bremsen
ausgestattet; 11“-Scheiben vorn, innenliegende Scheiben an der Hinterachse,
das ermöglichte dem Wagen, auch unter modernen Straßenbedingungen sicher
gefahren zu werden. Durch die Radaufhängung ist das Fahrverhalten noch immer
wesentlich besser als bei den meisten modernen Autos und bei Nässe addiert
sich das beispielhafte Fahrverhalten zur „angeborenen“ Sicherheit.
Zu der Zeit, als British Leyland ein `Competition
Department´ hatte (1970), wurde das Potential für einen Rennwagen schnell
erkannt. Die Arbeit wurde dem bekannten britischen Rennwagenkonstrukteur Bill
Shaw übertragen, der - in Zusammenarbeit mit dem Werk - zwei Wagen baute. Der
eine war als Prototyp vorgesehen, der andere als reiner Rennwagen für die
Strecke. Letztlich landeten beide Fahrzeuge auf der Rennstrecke. Anfänglich
wurde für die Homologation im Rennbetrieb der Bau von 1000 Fahrzeugen ins Auge
gefasst. Tatsächlich wurde dieses Vorhaben beinahe verwirklicht.
Typisch für die damalige Zeit war, dass die
Realisierung dieser Pläne im letzten Moment durch die Schließung des
„British Leyland Competition Department“ verhindert wurde. British Leylands
später Rücktritt vom Rennsport besiegelte das Schicksal der Renn-Rover, nur
eine Woche nach dem erfolgreichen Debüt auf dem Nürburgring in Deutschland.
Auf dem Nürburgring erreichten die Wagen
auf den Geraden mit ihren 365 PS-Motoren eine Geschwindigkeit von 285 km/h und sie führten drei Runden lang vor dem Porsche-Team, dem schärfsten
Konkurrenten. Sie waren weiter entwicklungsfähig. Ein Fall von „was-hätte-werden-können-wenn...“.
Beide Fahrzeuge existieren noch immer, das
eine in Australien und das andere ist gerade aus den USA nach England zurückgekehrt.
Dies ist der Hintergrund für den „Vintrim
Special Edition Rover V8“.
Über zwei Jahre Entwicklungsarbeit wurde in
den Wagen gesteckt. Neben dem Testen auf der Rennstrecke wurden viele Kilometer
auf Straßen zurückgelegt, um zu diesem Ergebnis zu gelangen: ein - unserer
Meinung nach - für seinen Preis günstiges und fahrbereites „Classic Car“
Wie wird dies erreicht? Zuerst brauchen Sie
einen Wagen - wir können Ihnen einen liefern oder wir nehmen Ihr angeliefertes
Fahrzeug. Wir verwenden nur Autos, die solide, rostfrei und bevorzugterweise
auch in gutem mechanischen Zustand sind.
Der Wagen wird bis zum „base unit“
auseinandergenommen. Dann wird er gereinigt, inspiziert und mit Rostschutz
versehen. In der Zwischenzeit hat die Motorhaube Lüftungsschlitze erhalten und
die Front wurde umgestaltet.
Die hinteren Kotflügel und der
Hinterachsbereich werden ebenfalls umgebaut. Sämtliche Anbauteile werden von
Dichtungen etc. befreit, dann lackiert und im Ofen getrocknet, um eine gute
Lackqualität und tiefen Glanz zu erzielen. In diesem Stadium wird das Fünf-Gang-Getriebe,
zusammen mit unserem eigenen, speziellen Auspuffsystem,
eingebaut und es werden - falls erforderlich - Modifikationen am Motor
durchgeführt. Die Radaufhängung wird mit unseren eigenen verstärkten Federn,
Stabilisatoren und Koni-Stoßdämpfern aufgebaut. Alle Lager werden überprüft
oder erneuert und die vordere Radaufhängung auf unsere eigenen Spezifikationen
eingestellt. Alle anderen Aufhängungsteile werden kontrolliert, repariert oder
erneuert - je nach Bedarf.
Das Bremssystem wird unter Verwendung von
hochleistungsfähigem Material überarbeitet, um eine gute Verzögerungsleistung
zu gewährleisten. Dann werden unsere speziell gegossenen Alu-Felgen mit
Hochgeschwindigkeitsreifen montiert.
Der Innenraum wird auseinandergenommen, alle
Sitze werden umgestaltet und mit bestem Leder bezogen. Eine Bespannung aus
„West of England“-Wolle wird für den Dachhimmel eingesetzt, zusammen mit
einem durchgehenden Teppichboden aus „English Wilton“-Wolle. Das
Armaturenbrett, die Konsole und die Armstützen erhalten ebenfalls einen
Lederbezug. Qualitäts-Holzverkleidungen (mit Typ- und Farb-Auswahlmöglichkeit)
ersetzen das „Formica“. Ein Lederlenkrad wird eingebaut, zusammen mit
vielen detaillierten Verbesserungen, die sich auch auf den Kofferraumbereich
erstrecken, der mit schwarzem „Wilton“-Teppich ausgelegt wird.
Die Karosserie ist dann bereit für den
Wiederaufbau, und nach der Montage eines neuen Vinyldaches und hinterer Dachsäulen
werden die aufgearbeiteten und lackierten Verkleidungen (mit neuen Dichtungen,
falls erforderlich) montiert und ausgerichtet.
„Vintrim Special Edition“-Schilder
werden zu beiden Seiten und am Kofferraum befestigt und jedes Fahrzeug erhält
sein eigenes Fertigungsschild, das am Armaturenbrett angebracht wird.
Der Wagen wird anschließend auf dem
Leistungsprüfstand gecheckt und inspiziert, bevor er (vor der Auslieferung) auf
einen 300 km-Straßentest geht.
Dies ist - kurz gesagt - ein „Vintrim
Special Edition Rover V8“. Der Wagen kann innerhalb unseres Konzeptes nach
Ihren eigenen individuellen Wünschen maßgeschneidert werden, mit
Zentralverriegelung, Klimaanlage und elektrischen Fensterhebern, falls gewünscht.
Wir können auch Ihren Motor von normalen 160 PS auf 300 PS umbauen, um ihn
Ihren persönlichen Anforderungen anzupassen.“
Informationen
Karosserie
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Frontspoiler
Farben: Rot, Blau, Grün
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Innenraum
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Leder-Kopfstützen vorn/hinten
„Motolita“-Lederlenkrad
Lampen im vorderen Fußraum
zwei Leselampen hinten
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Motor/Getriebe
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Tuning bis 320 PS
5-Gang-Getriebe (aus Toyota Supra)
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Gewicht
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1324 kg
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Höchstgeschwindigkeit
(190
PS)
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225 km/h
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0
- 60 m.p.h.
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8 Sekunden
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Verbrauch
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ca. 12 l/100 km
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Preis
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ca. $ 25.000,-
- $ 30.000,- (1992)
je nach Ausstattung
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Der
Inhaber von „Vintrim Ltd.“, Steve Whitren, schrieb mir weiterhin, dass seine
Firma plane, einen P6-Renntourenwagen
aufzubauen, wobei die Werks-Tourenwagen von Rover als Vorbild dienen sollten.
All
diese Informationen waren höchst interessant und in der Folgezeit habe ich
mehrfach versucht, mich in Neuseeland nach dem Stand der Dinge zu erkundigen.
Leider hat es fast zwei Jahre gedauert, bis ich von „Vintrim“ die lapidare Antwort erhielt, dass aufgrund mangelnden Interesses
seitens der Neuseeländer die Rover-Projekte gestoppt worden seien. Ich habe
dies bedauert, denn der Anfang war vielversprechend und wer weiß, wie sich die
Dinge weiterentwickelt hätten, wenn...
Leider
ist mir nicht bekannt, wieviele „Vintrim“-P6 überhaupt gebaut worden sind.
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