Rover
3500 V8
Fahreindrücke
unter gläsernem Himmel
Stolz machten uns unsere Gesprächspartner
von der Rover Company auf die landschaftlichen Reize und Sehenswürdigkeiten von
Warwickshire, insbesondere Stratford aufmerksam. Aus diesem Grund wollten sie
uns einen speziellen Wagen zur Verfügung stellen. Die gut gelungene Überraschung
entpuppte sich als Rover 3500 V8, der mit einem Glasdach ausgestattet war. Das
Glas besteht bis auf den schmalen Rand völlig aus einem von der Firma Triplex
entwickelten, leicht blau getönten Sicherheitsglas. Dadurch hat man nach allen
Richtungen nahezu ungehinderte Sicht. Besonders in gebirgigen Ländern, wie in
Österreich, dürfte diese Dachkonstruktion gute Chancen haben, da die Insassen
des Rover 3500 während der Fahrt den Ausblick auch nach oben genießen können.
Der Fahrer sollte jedoch tunlichst von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch
machen.
Der
Dachhimmel, aus einem samtähnlichen Material, ist bei Bedarf binnen weniger
Sekunden mittels Reißverschluß befestigt, so daß der Wagen dann einer ganz
normalen Limousine entspricht. Als Aufpreis für das Glasdach wurden uns etwa 90
Pfund genannt.
Bei
unserem Modell handelte es sich um den Prototyp - bis jetzt wurden nur einige
wenige Exemplare des Rover 3500 mit diesem Extra ausgerüstet -, der erstmals
auf dem Genfer Automobilsalon zu sehen war. Später wurde er dann für
verschiedene Vorführungen verwendet. Mit typisch englischem
"understatement" erklärte man uns, der Wagen sei deshalb motorisch
nicht optimal, und seine Leistungen wären für die Serienwagen nicht repräsentativ.
Wir maßen trotzdem die Beschleunigungswerte von 0 auf 100 km/h: 11,0 Sekunden
(Stellung D) beziehungsweise 10,6 Sekunden (Stellung 1, 2 manuell geschaltet)
entsprechen zwar nicht ganz den Werksangaben von 10,1 Sekunden, können sich
aber sehen lassen.
Die
geplante Sightseeing-Tour wurde nur nebenbei erledigt, denn zu sehr faszinierten
uns die Fahreigenschaften des Rover 3500 V8. Mit dem Leichtmetallmotor von 160
DIN-PS erzielt der kompakte Viersitzer Fahrleistungen, bei denen viele
Sportwagen nicht mithalten können.
Bemerkenswert
ist die Geräuscharmut. Vom Motor ist lediglich ein leichtes Brummen zu hören,
und dank der aerodynamisch gut gestalteten Karosserie treten bei hohen
Geschwindigkeiten keinerlei Windgeräusche auf. Im Bereich der Höchstgeschwindigkeit,
das sind etwa 190 km/h, kann ein Gespräch beinahe im Flüsterton geführt
werden. Ein Blick auf die etwas unübersichtliche Skala des Tachos zeigte, dass
wir uns auf normalen Landstraßen ständig im Bereich zwischen 140 und 170 km/h
bewegten, ohne sich dieser Geschwindigkeit richtig bewußt sein. Der Grund dürfte
im problemlosen Fahrverhalten und einmaligen Laufkultur der Maschine zu suchen
sein. Überholmanöver verlieren ihre Schrecken und Gefahren. Ein kurzer Druck
auf das Gaspedal, wenn möglich Kickdown, und der Rover 3500 schießt los. Kräftige
Bremsen helfen das Temperament notfalls zu zügeln. Vier Scheibenbremsen (hinten
innen neben dem Differential) werden über ein Lockheed-Servoaggregat betätigt,
dessen Übersetzung so gewählt ist, dass schon ein leichtes Berühren des
Bremspedals genügt, um starke Verzögerungen zu erzielen.
Der
Rover 3500 wird ausschließlich mit Getriebeautomatik geliefert. Die
Borg-Warner-Automatik ist ideal an den elastischen, kraftvollen Motor angepaßt.
Schaltstöße sind kaum wahrzunehmen. Auch eingefleischte Anhänger eines
handgeschalteten Getriebes werden mit dem Rover 3500 wahrscheinlich zu
Automatik-Fans.
All
diese Eigenschaften, wie ausgezeichnete Beschleunigung, ruhiger Lauf,
hervorragende Straßenlage und Bremsen, schließlich das kräftige Stahlskelett
der Karosserie geben im Rover 3500 ein Gefühl der Sicherheit, wie in wenigen
anderen Fahrzeugen. Die gesteigerte Leistung und Bequemlichkeit gegenüber dem
Modell 2000 muss natürlich durch einen entsprechend höheren Treibstoffkonsum
bezahlt werden. Je nach Fahrweise fließen etwa 13 bis 20 Liter/100 km durch die
beiden SU-Halbfallstromvergaser des V8-Motors.
Der
Innenraum ist fast identisch mit dem des Rover 2000. Hier konnte kaum noch etwas
entscheidend verbessert werden. Das Lenkrad und die lederbezogenen Schalensitze
sind vielfältig verstellbar, so dass jeder eine ausgezeichnete Sitzposition
vorfindet. Als wichtigste äussere Unterscheidungsmerkmale fallen neben den
Aufschriften 3500 und V8 an Bug und Heck in erster Linie die zusätzlichen
Lufteintrittsöffnungen unter der Stoßstange sowie die breiten Gürtelreifen
der Dimension 185 HR 14 auf.
Fast
wehmütig gaben wir den Rover 3500 V8 wieder zurück. Zu rasch hatten wir uns an
diesen Traumwagen gewöhnt, der die besten Eigenschaften einer Sportlimousine
der europäischen Spitzenklasse mit der bulligen Kraft eines amerikanischen
Motors vereinigt. Nicht umsonst wird der Rover in England als "Rolls-Royce
der armen Leute" bezeichnet, wobei "arm" nicht ganz wörtlich zu
nehmen ist.
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