Rover
3500 V8
Acht starke Zylinder für vier feine Sitze
Vor ziemlich genau einem Jahr
präsentierte die Rover Company ihren neuen Typ 3500, eine aus dem Typ 2000
entwickelte kompakte Reiselimousine, deren hohe Fahrleistungen der bekannt guten
Fahrsicherheit des Unterbaus entsprechen. Vom Zweiliter-Typ unterscheidet sich
der 3500 vor allem durch seinen größeren Leichtmetall-V8-Motor und die serienmäßig
eingebaute Getriebeautomatik. Der 3500 ist übrigens nicht mit Normalgetriebe
erhältlich. Äusserlich ist er an der mächtigen Luftschnauze unterhalb der
Frontstoßstange, einem oberen Chromstreifen am Kühlergrill, Gummi-Stoßstangenpuffern
und den Aufschriften V8 und 3500 zu erkennen, im Innern an der erweiterten
Geschwindigkeitsskala und der zusätzlichen Benzinuhr. Folgende mechanische Änderungen
tragen der Mehrleistung Rechnung: verstärkter vorderer Querträger mit (von uns
nie verwendeten) Abschleppösen, härtere Federn mit größer dimensionierten
Stoßdämpfern, Wärmeaustauscher für das Automatenöl, verstärkter und
direkter untersetzter Hinterachsantrieb, drei vordere Arbeitskolben an der
Girling-Scheibenbremse, ins Wagenheck versetzte Batterie sowie serienmäßige
Avon-Gürtelreifen.
Großzügige
Kraftreserve
Unsere über 4500 Kilometer führende
Prüfung ergab ein klares, ausgezeichnetes Bild über Leistung und Fahrverhalten
des Rover 3500. Beurteilten wir bereits den 2000 TC als komfortablen Viersitzer
mit elastischem, wirtschaftlichem Vierzylinder, so treten bei diesem 3,5 Liter
mit seinem von Buick stammenden, jedoch für europäische Verhältnisse
zugeschnittenen Motor von 160 DIN-PS noch weit mehr Vorzüge zutage. Der Wunsch,
diesen sicheren Wagen von erstaunlich guten Fahreigenschaften mit der sanften,
unwiderstehlichen Rasse eines Amerikaners zu versehen, wurde erfüllt. Der 3500
bietet dem Tourenfahrer genau das, was dieser für lange Reisen benötigt – kräftiger
Anzug, hohe Dauergeschwindigkeit, angenehme Laufruhe (normale Verständigung ist
auch bei 180 km/h möglich), alles dies eingehüllt in den beruhigenden Mantel
von Komfort und Sicherheit. Das Entgelt dafür ist recht bescheiden:
100-Oktan-Benzin und dies in recht bescheidenen Mengen. Der Motor ist
anspruchslos im Unterhalt und verbrauchte während des gesamten Tests lediglich
einen Liter Öl. Angewöhnung verlangt der V8 praktisch nicht.
Die von uns gemessenen
Beschleunigungswerte sind zwar – übrigens kein ganz seltener Fall – nicht
so gut wie die Werksangaben, unterstreichen aber dennoch die Rasse des Wagens.
Beschleunigen kann man je nach Wunsch vollautomatisch oder mit manueller Ausnützung
der Schaltmöglichkeit des Getriebes.
Die letztere, zwar selten geübte
Methode ergibt noch etwas kürzere Zeiten, nämlich 7,3 statt 8,0 Sekunden von 0
auf 80 km/h, 10,6 statt 11,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Der Motor lässt sich
kalt und warm einwandfrei starten; die erste Stufe des Choke ergibt
Schnellleerlauf, die zweite die Gemischanreicherung für den Kaltstart. Ein Wärmefühler
läßt bei warmem Motor die warnende Choke-Kontrollampe aufleuchten. Der mit 2
SU-Vergasern versehene V8 dreht ausgesprochen leise und ist natürlich
hervorragend elastisch. Reise-Dauergeschwindigkeiten von 170 bis 180 km/h erträgt
der Motor ohne jeden Schaden. Überholprobleme stellen sich – bei
entsprechender Vorsicht natürlich – angesichts dieser hohen Kraftreserve und
dem sicheren Fahrgefühl nicht. Angesichts der hohen Leistungen – 31,9
Sekunden für den stehenden Kilometer und 190 km/h Spitze – überrascht der
geringe und sehr wenig variierende Benzinverbrauch. Er lag für die 4500
Testkilometer mit Einschluss der Messungen und forcierten Fahrten bei 14,6 l/100
km. Bei voller Besetzung mit vier Personen und Gepäck lag der Verbrauch bei 120
bzw. 140 km/h Durchschnitt auf Autobahnen bei 13,3 bzw. 14,8 l/100 km, bei
gemischten Fahrten auf Autobahnen und im Mittelland mit Durchschnitten von 80
und 90 km/h bei 12,8 bzw. 13,3 l/100 km. Bei Überlandfahrten mit Durchschnitten
von 70 bis 80 km/h ergaben sich Werte zwischen 11,9 und 13,2 l/100 km. Tankhalte
sind angesichts des beachtlichen Inhalts von 68 Litern nur alle 400 bis 500 km nötig.
Der serienmäßig eingebaute
Borg-Warner-Getriebeautomat vom Typ 35 passt vortrefflich zu Motor und Wagen.
Schaltstöße spürt man kaum. In Stufe 1 arbeitet allein der erste Gang, in
Stufe 2 die mittlere Untersetzung. Eine Drehzahlbegrenzung gibt es in keiner
dieser unteren Stufen – der Automat kennt kein Hochschalten im kritischen
Moment (hier muss der in der Schweiz glücklicherweise serienmäßig eingebaute
Drehzahlmesser sprechen). Dagegen lassen sich beim Zurückschalten von D in die
Stufen 2 und 1 die Gänge erst unterhalb der Kickdown-Schaltgeschwindigkeit –
für den 2. etwa 95, für den ersten etwa 40 km/h – einholen. In Stellung D
schaltet das Getriebe bei Vollgas automatisch bei 65 bzw. 122 km/h in den
zweiten bzw. den dritten Gang.
Komfortables
Fahrverhalten
Auch als 3,5 Liter ist der
Rover ein wendiges Fahrzeug. Wünschenswert wäre jedoch eine etwas präzisere
Lenkung mit Servounterstützung und kleiner dimensioniertem Lenkrad, was
einerseits das Parkieren erleichtern und andererseits für kleinere Leute das
Blickfeld vollständig freigeben würde.
Auf windstiller Autobahn wirkt
der 3500 mit seiner De-Dion-Achse und den eigens für ihn entwickelten Gürtelreifen
mit besonderer Laufflächendrainage auch bei der Spitzengeschwindigkeit absolut
sicher. Bei Seitenböen dagegen wird die Hinterachse etwas unruhiger und
vermittelt dem Fahrer das Gefühl einer Schlangenlinienfahrt. Lenkkorrekturen können
dabei wenig ausrichten, da sich der Wagen selbst auffängt. Bei ruhiger
Fahrweise verhält sich der Wagen als leichter Untersteurer. Der volle
Leistungseinsatz bei forcierter Kurvenfahrt vermag das Gegenteil zu bewirken.
Damit hat es der zügige Fahrer in der Hand, den Wagen mit dem Gaspedal zu
beherrschen. Für gute Bodenhaftung zeugt auch eine Kehrseite, nämlich der beim
Testwagen recht starke Pneuverschleiss. Beim Kilometerstand 12000 war die Lauffläche
an verschiedenen Stellen schon ordentlich abgewetzt.
Ausgezeichnet arbeitete die
Bremsanlage. Die in untenstehender Tabelle verzeichneten Werte sind das Resultat
von Messungen auf glitschiger Fahrbahn und geben, so sie mit den Werten anderer
bei trockener Bahn gemessener Fahrzeuge verglichen werden, ein verfälschtes
Bild wieder. Während der ganzen Prüfung gab der Wagen zu keinen
Bremsbeanstandungen Anlaß. Selbst aus hoher Geschwindigkeit ließ sich bei dem
gut dosierbaren Pedaldruck eine von allen Mitfahrern als angenehm empfundene,
trotzdem aber kräftige und richtungsstabile Verzögerung erreichen. Die
Handbremse ist selbstnachstellend ausgelegt.
Die Federung wirkt mit einer
Ausnahme angenehm weich und sauber gedämpft. Schläge von Autobahnfugen werden
zu deutlich ins Innere übertragen.
Die Abroll- wie die Windgeräusche
waren, abgesehen vom Pfeifen einer undichten Vordertüre, recht gering.
Hohe
Sicherheit, gute Ausstattung
Ausser der im Fahrverhalten
liegenden Sicherheit bietet der Rover recht viel. Vier bequeme Einzelsitze,
deren glatte Lederbezüge bei schneller Fahrweise allerdings ein weiteres
Argument für Gurte bilden, geben ein sicheres Fahrgefühl. Die Sitzposition des
Lenkers läßt sich dank verschiedener Reguliermöglichkeiten für groß und
klein fast ideal gestalten. Durch Auswechseln von Zwischenstücken kann auch die
Höhe der Vordersitze verändert werden.
Im Interieur wie auch im Gepäckraum
ist der Rover 3500 für vier Personen zugeschnitten. Bei stehendem Reserverad können
sich auf einer Ferienreise mit entsprechendem Gepäck ernsthafte Probleme
einstellen, doch kann man das Reserverad mit besonderem Halter auch auf dem
Kofferdeckel montieren. Nicht für Sicherheit sprechen die spiegelnden
Armaturen. Blendfreies Glas, geänderter Einbauwinkel und Verzicht auf die störende
Chromumrandung wären notwendige Abhilfemaßnahmen. Sonst ist der vollständige
Instrumentensatz – der Walzengeschwindigkeitsmesser ist mit Kilometer- und
Meilenangabe versehen – übersichtlich untergebracht. Vermisst haben wir zwar
serienmäßige Außenrückspiegel.
Nebst der leistungsfähigen
Heiz- und Defrosteranlage mit zweistufigem Ventilator und heizbarer Heckscheibe
steht auch eine wirksame Frischluftanlage mit Leitklappen und Einstellhebeln zur
Verfügung. Sie erübrigt das Öffnen der Ausstellfenster in den meisten Fällen.
Bei Platzregen und
Geschwindigkeiten über 120 km/h, welche diese guten Reifen ohne Spuren von
Aquaplaning erlaubten, vermochten
die Scheibenwischer trotz stufenloser Regulierung wegen zu geringem Anpreßdruck
nicht zu genügen.
Ein Blick in das Handbuch
zeigt, dass der Hersteller während eines Jahres oder 20.000 km Garantieansprüche
entgegennimmt, was der doppelten, sonst üblichen Dauer entspricht.
Die harmonische Kombination
eines leisen, starken Motors mit dem guten Getriebeautomaten, der ansprechenden
Karosserie und dem sicheren Fahrwerk stempelt den Rover V8 zu einem wendigen,
handlichen, temperamentvollen und einfach zu beherrschenden Wagen hoher Klasse
mit angenehmem Komfort sowie vernünftigem Preis und bescheidenen
Unterhaltsansprüchen.
Fahrleistungen
|
Stellung D
|
handgeschaltet
|
0 bis
80 km/h
|
8,0 sec
|
7,3 sec
|
0 bis 100 km/h
|
11,5 sec
|
10,6 sec
|
0 bis 120 km/h
|
15,9 sec
|
15,2 sec
|
0 bis 160 km/h
|
32,8 sec
|
29,6 sec
|
1 km
|
32,5 sec
|
31,9 sec
|
Höchstgeschwindigkeit 190 km/h
Tachoabweichung
Anzeige
|
effektiv
|
60 km/h
|
58 km/h
|
100 km/h
|
99 km/h
|
190 km/h
|
187 km/h
|
Verbrauch
Autobahn Durchschnitt 100
km/h
|
10,9 l/100 km
|
Autobahn Durchschnitt 140
km/h
|
14,8 l/100 km
|
Autobahn/Landstraße
Durchschnitt 80-90 km/h
|
12,8-13,3 l/100 km
|
Landstraße Durchschnitt
70-80 km/h
|
11,9-13,2 l/100 km
|
Testverbrauch
|
14,6 l/100 km
|
Automobil Revue / Schweiz 22/1969
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