Rover 3500 V8
Ebenso wie Jaguar, wovon der XJ
6 vor zwei Monaten an dieser Stelle besprochen wurde, gehört auch Rover zu den
alten englischen exklusiven Marken, die ihre Selbstständigkeit verloren haben
und in die British Leyland Motor Corporation aufgenommen wurden. Womit der
Konzern folglich über zwei Top-Marken verfügt.
Der Rover 3500 ist eine
Weiterentwicklung des Rover 2000, der 1963 erschien und damals vor allem wegen
seiner Konstruktion des Aufbaus die Aufmerksamkeit auf sich zog. Zu einem
späteren Zeitpunkt wurde die Serie mit dem 2000 TC erweitert, der im Prinzip
denselben Motor hat, jedoch mit mehr Leistung.
1968 wurde die jüngste Version
eingeführt, nun mit einem ganz neuen Motor, einem Achtzylinder in V-Form mit 3,5
Liter. Bis vor kurzem wurde dieses Modell ausschließlich in Kombination mit
einem automatischen Getriebe geliefert, seit einigen Monaten ist jedoch auch
eine Ausführung mit einem handgeschalteten Getriebe erhältlich, der 3500 S. Der
ganze Leichtmetallmotor ist ein ursprünglicher Buick-Entwurf, ist aber in
England an die eigenen Verhältnisse angepaßt worden und wird auch dort
hergestellt. Die Top-Modelle in der Rover-Serie sind die 3,5 Liter Saloon- bzw.
Coupé-Modelle, die schon vor geraumer Zeit erschienen sind, die aber inzwischen
denselben Motor wie nun auch der 3500 haben.
Für diesen Test verfügten wir
über den 3500 mit Automatik.
Motor
Wassergekühlter Achtzylinder in V-Form, vorn
eingebaut. Ursprünglich amerikanischer Entwurf, eigenes Fabrikat. Zylinderinhalt
3528 ccm, Leistung 152 DIN-PS bei 5200 U/min. Drehmoment 28,0 mkg (DIN) bei 2600
U/min. Spezifische Leistung 43,1 PS/l, ein niedriger Wert. Spezifisches Gewicht
8,8 kg/PS, ein sehr günstiges Verhältnis.
Leistungen
Auf sehr hohem Niveau. Spitze 187 km/h, merklich
höher als die des 2000 und 2000 TC, von denen das Werk 160 bzw. 180 km/h für das
normale Getriebe angibt. Beschleunigung aus dem Stand ebenso sehr schnell und
mühelos, auch bei Geschwindigkeiten über 100 km/h zieht der Wagen noch gut
durch. Elastizität bei niedrigen Drehzahlen in Zusammenhang mit dem
Zurückschalten der Automatik nicht zu beurteilen; angesichts der Höhe des
Drehmomentes, der ziemlich niedrigen Drehzahl, bei der diese erreicht wird, und
des kräftigen Motors sollte es diesbezüglich beim 3500 S, der Version mit
normalem Getriebe, keine Probleme geben. Im Stadtverkehr schaltet die Automatik
oft in den nächsthöheren Gang hinauf.
Benzinverbrauch
Im ganzen ziemlich hoch, auch wenn man Wagengewicht
und -abmessungen in Betracht zieht. Unter normalen Umständen kann man mit einem
Verbrauch von ca. 14,3 bis 16,7 l/100 km rechnen.
Kraftübertragung
Automatisches Borg Warner-Getriebe mit hydraulischem
Drehmomentwandler und drei Vorwärtsgängen. Wählhebel auf der Mittelkonsole, gut
erreichbar. Außer den Stellungen Neutral (N), Parken (P), und Rückwärts (R) gibt
es drei Positionen fürs Fahren: Drive, 2 und 1. In Drive stehen alle drei Gänge
zur Verfügung, in 2 nur der erste und zweite und in 1 nur der erste. Beim
Starten muß der Hebel auf N oder P stehen. Das Schalten verläuft wohltuend
sanft, auch beim Beschleunigen und beim Kickdown-Effekt sind die Schaltvorgänge
nicht störend, ebenso wie beim Zurückschalten. Die Kriechneigung bei eingelegtem
Gang ist zwar vorhanden, aber nicht in störendem Maße.
Lenkung
Etwas indirekt, aber Fahrbahnkontakt bleibt trotzdem
bis hin zu hohen Geschwindigkeiten gut erhalten. Bedienung etwas schwerer als
normal, aber nicht in störendem Maße. Ziemlich deutlicher Untersteuercharakter.
Straßenlage
Dank des Untersteuercharakters sehr positiv.
Unebenheiten haben keinen Einfluß auf die Straßenlage, Seitenwind in leichtem
Maße und nur bei hohen Geschwindigkeiten. Als Folge der sehr indirekten Lenkung
sind Korrekturen weniger schnell durchführbar.
Kurvenverhalten
Ebenfalls besonders gut. Ein Ausbrechen des Hecks
tritt nur unter extremen Bedingungen auf, das sanfte Arbeiten der Automatik übt
hierbei einen günstigen Einfluß aus. Die Seitenneigung der Karosserie nimmt
keine störende Formen an. Als Folge des Untersteuercharakters erfordert die
Lenkung vor allem bei hohen Geschwindigkeiten in leichten Kurven etwas mehr
Aufmerksamkeit als normal.
Handlichkeit und Bedienung
Bedienung gibt keine Probleme auf, auch ein
Verdienst des automatischen Getriebes. Benötigte Schalter gut erreichbar. Die
Handlichkeit wird günstig durch eine gute Rundumsicht beeinflußt, sowohl Front
als auch Heck des Wagens sind gut einsehbar. Flottes Manövrieren im Stadtverkehr
wird leider durch die dann vielen notwendigen Lenkradumdrehungen nachteilig
beeinflußt.
Federung
Sehr komfortabel, sowohl kleine als auch große
Unebenheiten werden hervorragend verarbeitet. Dennoch ist keine Rede von einer
übertrieben weichen Federung.
Allgemeiner Komfort
Auf sehr hohem Niveau. Der Motor ist über den
gesamten Drehzahlbereich sehr leise. Windgeräusche nehmen auch bei hohen
Geschwindigkeiten kaum störende Formen an, und auch das Geräusch der Reifen wird
gut gedämpft. Sehr gute Sitzposition, leichte Bedienung und starke Polsterung
liefern ebenfalls positive Beiträge, wodurch der Komfort auf einem sehr hohen
Niveau liegt, was ausgezeichnet zum Charakter des Wagens paßt.
Bremsen
Rundum Scheibenbremsen, servounterstützt.
Erreichbare Verzögerung sehr hoch, keines der Räder zeigt Neigung zum
Blockieren, so daß der Wagen auch beim kräftigen Abbremsen hervorragend in der
Spur bleibt. Benötigte Pedalkraft gering, Pedal noch ausreichend progressiv.
Handbremswirkung ausreichend.
Karosserie
Viertürig, selbsttragend, Etwas klassische, aber
ansehnliche Formgebung. Hervorragende Verarbeitung.
Innenraum
Vorn ausreichend für zwei Erwachsene, der
Getriebetunnel nimmt relativ viel Platz in Anspruch. Hinten ausreichend Platz
für zwei Erwachsene, aber auch nicht mehr, die Kopffreiheit ist nicht übermäßig
groß, auch die verfügbare Beinfreiheit ist nicht übermäßig groß, wenn die
Vordersitze etwas nach hinten geschoben werden.
Kofferraum
Nicht allzu groß für einen Wagen dieses Formats,
eine Folge der etwas ungünstigen Plazierung des Reserverades an der linken
Seitenwand des Kofferraumes. Im Innenraum zwei große Armaturenbrettfächer und
Ablagefläche an der Front des Armaturenbrettes.
Sitze
Vorne königliche Sitze mit völlig stufenlos
verstellbaren Rückenlehnen. Hervorragende Abstützung, auch seitlich. Vordersitze
ausreichend weit nach hinten verstellbar, aber auf Kosten der hinteren
Beinfreiheit. Lenkrad in vertikaler Richtung verstellbar, so daß jeder Fahrer
ungeachtet seiner Größe eine geeignete Sitzposition finden kann. Klappbare
Armstütze in Mitte der Rücksitzbank.
Sicherheit
Hervorragende Fahreigenschaften, gute Straßenlage
auch bei sehr hohen Geschwindigkeiten. Hervorragende Bremsen mit getrennten
Kreisen für vorn und hinten. Mit Ausnahme von einigen Knöpfen und dem
Zündschlüssel keine hervorstehenden Teile auf Kniehöhe. Keine Kindersicherung an
den Hintertüren. Kurze Lenksäule. Warnblinkanlage. Dreipunkt-Sicherheitsgurte
vorn.
Armaturenbrett
Hübsch und übersichtlich gestaltet, aber ohne
Verwendung von Holz, wie man es in solch einem Wagen erwarten sollte. Ziemlich
genaue Geschwindigkeits- und Drehzahlmesser, deutlich ablesbar, richtig vor dem
Fahrer plaziert. Anzeigen für Tankinhalt, Kühlwassertemperatur, Öldruck und
Amperemeter, die beiden letzteren in Verbindung mit einer Lampe. Kontrolleuchten
für Blinker, Fernlicht, Handbremse (auch für einen zu niedrigen Stand im
Bremsölreservoir und verschlissene Bremsbeläge) und Choke (letztgenannte
leuchtet auch bei zu hoher Motortemperatur auf). Uhr.
Heizung und Lüftung
Heizkapazität vollkommen ausreichend, Temperatur gut
zu regulieren. Gute Lüftung mit direkter Außenluftzufuhr durch schmale Öffnungen
im Armaturenbrett. Innenraumentlüftung. Gebläse mit zwei Geschwindigkeiten.
Beleuchtung
Hauptbeleuchtung - zwei Doppelscheinwerfer - mit
hervorragender Lichtausbeute. Stadtlichter gut erkennbar. Lichthupe durch
Schalter an der Lenksäule. Parklicht nur an der linken Wagenseite.
Rückfahrscheinwerfer. Innenraumbeleuchtung (eine Lampe arbeitet über beide
Vordertüren). Getrennt zu schaltende Lampe über dem Handschuhfach. Regulierbare
Armaturenbrettbeleuchtung. Keine Beleuchtung in Kofferraum oder Motorraum.
Instrumente abends deutlich beleuchtet.
Serienmäßige Ausstattung
Schlösser an beiden Vordertüren. Keine Haltegriffe
für Passagiere. Scheibenwischer (zwei Geschwindigkeiten) arbeiten auch bei hohen
Geschwindigkeiten gut, darüber hinaus Intervallschaltung mit einstellbarer
Pausenzeit. Elektrischer Scheibenwascher. Stark verkleinernder Innenspiegel, der
zwar ein großes Panoramabild liefert, aber das Einschätzen von Abständen stark
beeinträchtigt. Zigarettenanzünder, Lenkradschloß, Tageskilometerzähler,
Heckscheibenheizung im Testwagen vorhanden (gehört nicht zur
Standardausrüstung). Reserve-Benzintank, der vom Armaturenbrett aus
eingeschaltet werden kann. Ledersitze. Werkzeug: Wagenheber,
Radmutternschlüssel, Zündkerzenschlüssel, Schraubenzieher, 5 Steckschlüssel,
Reifendruckmesser.
Kurz zusammengefaßt
Der Rover 3500 ist ein sehr schneller und
komfortabler Reisewagen, der obendrein über sehr gute Fahreigenschaften verfügt.
Die Betonung liegt jedoch deutlich auf Maximum an Komfort und nicht auf
sportliche Eigenschaften, die Lenkung ist dafür etwas zu indirekt. Auch die
hervorragende Ausstattung und Verarbeitung des übrigens nicht beeindruckend
großen Innenraumes zeigt in diese Richtung. Der Anschaffungspreis dieses Rover
3500 ist sehr reell, wenn man die Ledersitze und das zur Serienausstattung
gehörende automatische Getriebe mit in diese Rechnung einbezieht.
Autokampioen / Niederlande 5/1972
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