Rover 3500 V8

8 Zylinder summen leise vor sich hin

Autos mit 8-Zylinder-Motoren kommen in unseren Breiten recht selten vor. In den Vereinigten Staaten sind sie häufig wie Sand am Meer. Das Benzin kostet dort wenig und eine Hubraumsteuer, die kleine Motoren stark begünstigt, gibt es nicht. In Amerika kann sich deshalb ein Auto mit acht Zylindern unter der Motorhaube beinahe jeder leisten. Bei uns nicht. "Drüben" werden achtzylindrige Autos in großer Vielfalt angeboten, in Europa sind sie sehr spärlich. Mercedes hat solche Wagen im Verkaufsprogramm, je eine Type gibt es bei Opel, Triumph und Rover.

Mit einem Verkaufspreis von 129.900 Schilling ist der Rover 3500 das billigste Achtzylinderauto auf dem österreichischen Markt. Rover kann sich ein derart günstiges Angebot wahrscheinlich deshalb leisten, weil das Unternehmen vor einigen Jahren durch außergewöhnliche Umstände zu diesem Achtzylindermotor kam. Denn das großvolumige Triebwerk entstand nicht unter den Händen der eigenen Entwicklungsingenieure, die sündteuren Herstellungseinrichtungen mußten nicht (wie üblich) extra bei Spezialfirmen bestellt werden. Vielmehr kaufte man die für eine Transferstraße nötigen Teile und die Rechte zum Bau des Motors gewissermaßen aus zweiter Hand preiswert ein.

Der Leichtmetall-V8 war von Buick entwickelt worden und für eines der in Amerika nicht sehr erfolgreichen "Compacts" gedacht. Das geringe Gewicht und die günstigen Abmessungen des Achtzylinders ließen ihn für den Einbau in den Rover 2000 wie geschaffen erscheinen. Rover, damals noch nicht unter der Schirmherrschaft von British Leyland, ließ sich diese günstige Gelegenheit nicht entgehen, der Rover 3500 V8 wurde geboren.

Neuer Frontgrill

Wie erfolgbringend diese Überlegung war, zeigt allein der rege Verkauf in Österreich: Bereits in den ersten vier Monaten 1971 konnten die Rover-Händler 107 Stück V8 absetzen. Die Konkurrenz brachte es im gleichen Zeitraum auf nur 38 Einheiten dieser Größenordnung.

Beim Modelljahrgang 1971 überraschte Rover in der gesamten Typenreihe 2000 / 3500 mit mehreren Detailänderungen. Das auffallendste äußere Merkmal des jüngsten Jahrganges: die Neugestaltung des Frontgrills. Verglichen mit der Vorjahresfrontansicht wirkt das 1971er-Gesicht ausgeglichener und eleganter. Im Inneren wurde das ehemals rechteckige Tachometer von einem Rundinstrument abgelöst, der Drehzahlmesser wanderte aus der Armaturenbrettmitte ins Blickfeld des Fahrers. Die Kipphebel für die Scheinwerferbetätigung und den Scheibenwischer ersetzen nun Drehknöpfe. Außerdem ist für den Scheibenwischer nun auch eine Intervallschaltung vorhanden. Ansonsten gibt es zu dem von uns im Vorjahr gefahrenen Testwagen keine Unterschiede.

Die Verbindung Achtzylindermotor mit dem technisch sehr aufwendig konzipierten Rover-Modell des Jahres 1963 erwies sich wiederum als äußerst gelungene Kombination. Der große Motor surrt leise vor sich hin und verhilft dem kompakten Auto zu ansehnlichen Fahrleistungen. Nicht nur vom Motor ist die meiste Zeit nichts zu hören, ähnlich verhält es sich auch mit allen anderen Geräuschquellen. Der Lärm, der beim Abrollen der Reifen entsteht, wird ebenso wie alle anderen Laufgeräusche vom Innenraum weitgehend ferngehalten. Alles, was die Insassen bei hohen Geschwindigkeiten vernehmen, ist das leicht erträgliche Sausen der am Wagenkörper entlangstreichenden Luft. Hohes Dauertempo wird aus diesem Grund beim Rover 3500 zum Vegnügen. Dazu verhelfen auch die sehr sicheren Fahreigenschaften.

Nur ein einziges kleines Manko ist uns hierbei aufgefallen: Bei sehr schnellem Fahren auf unebenen Straßen ließ sich eine, allerdings sehr geringe, Korrekturbedürftigkeit beim Geradeausfahren beobachten. Dies dürfte von den konstruktiv bedingten möglichen Spurveränderungen beim Einfedern der DeDion-Starrachse herrühren.

Ein weiteres, für den Rover typisches Merkmal ist der etwas beengte Innenraum. Auch die sehr gediegene, aus teurem Material gefertigte Ausstattung kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Insassen nicht die Bewegungsfreiheit genießen können, die sie von einem Auto dieser Größe erwarten. Besonders im Fond bleibt für die Beine nicht viel Platz, wenn Fahrer und Beifahrer ihre Sitze soweit zurückschieben, daß sie sich selbst bequem niederlassen können. Der Kofferraum faßt auch nicht allzuviel. Rover-Freunde können sich hier ein wenig helfen, indem sie das voluminöse Reserverad außen auf dem Kofferraum montieren. Die entsprechenden Hilfsmittel für diesen Zweck werden beim V8 serienmäßig mitgeliefert. Vor Diebstahl ist das Reserverad allerdings nicht gut geschützt, und im Innenrückspiegel kann man es so gut sehen, daß mitunter ein hinten nachfahrendes Auto gar nicht bemerkt wird.

Verbrauch akzeptabel

Wenn man bedenkt, welche Annehmlichkeiten der Rover 3500 V8 neben seinem ebenso dauerhaften wie durchzugskräftigen Triebwerk zu bieten hat - allein für das serienmäßig eingebaute automatische Getriebe würde jede andere Firma bereits groß die Werbetrommel rühren -, darf man den guten Verkaufserfolg nicht als Zufall betrachten.

0-100 km/h 11,5 Sek

Höchstgeschwindigkeit 190 km/h

Testverbrauch 16 l/100 km

Auto-Touring / Österreich 7/1971

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