Rover 3500 V8

Ein gelungener Kompromiß bester amerikanischer und europäischer Konstruktionsprinzipien - so lautet das Urteil nach einer 500 km langen Probefahrt im neuen Rover 3500. Kraft - von einem 3,5 l Achtzylinder aus dem Ärmel geschüttelt - vereint sich hier mit dem hohen Fahrwerkstandard des Rover 2000. Der Wagen wird ausschließlich mit automatischer Kraftübertragung geliefert und kostet in England weniger als der Jaguar 2,4 l mit Automatik. Wahrlich viel Auto fürs Geld.

Die Grundkonzeption des 3528 ccm großen V8-Motors stammt von General Motors und wurde von Rover seinerzeit gekauft. In sorgfältiger Entwicklungsarbeit machte man aus dieser Leichtmetallkonstruktion nicht nur ein kultivierter laufendes, sondern auch ein leistungsstärkeres Antriebsaggregat, zunächst für den großen Rover (der bisher von einem Sechszylinder-Reihenmotor angetrieben wurde). Die Vorstellung dieses 185 km/h schnellen Wagens erfolgte bereits im Herbst 1967. Nun ist der große V8-Motor auch für den bisherigen Rover 2000 erhältlich, der nicht nur in seinen Abmessungen kompakter, sondern auch in der Gesamtkonzeption wesentlich moderner ist als sein großer Bruder. Die Modelle 2000 und 2000 TC werden übrigens unverändert weitergebaut.

Das Gewicht des V8-Motors ist auf Grund seiner Alu-Bauweise nicht höher als jenes des 2000er-Vierzylinders. Die 23 kg Mehrgewicht gegenüber dem 2000 TC resultieren aus den größeren Reifen, den stärkeren Bremsen, einer verstärkten Hinterachse und einem größeren Kühler. Im übrigen waren für den Einbau des Achtzylinders kaum Änderungen erforderlich. Was die fortschrittliche technische Konzeption des Wagens betrifft, wurde ihr schon im Test des Rover 2000 TC das gebührende Lob gezollt.

Der 3,5 l wird nur im Verein mit einer Borg Warner-Getriebeautomatik angeboten. Sie zeichnet sich, wie alles an diesem Auto, durch ungewöhnlich geräuscharmen Lauf aus. Beim vollen Beschleunigen schaltet das Getriebe bei 4200 Motorumdrehungen vom zweiten in den dritten Gang, das entspricht ca. 115 km/h. Allerdings kann der zweite Gang durch entsprechende Wählhebelstellung auch bis zur Nenndrehzahl von 5200 U/min festgehalten werden. Das maximale Drehmoment von 31,2 kpm wird bereits bei 3000 U/min abgegeben, also bei ca. 130 km/h im direkten Gang. Man sieht: Kraftreserven, soweit das Auge reicht...

Fahreindrücke

Das Fahrwerk mußte für die wesentlich erhöhte Leistung und die großen schweren 185er Reifen neu abgestimmt werden. Die Federn sind um ca. 15 % härter als im 2000er, die Stoßdämpfer wurden ebenfalls verstärkt. Verminderte Seitenneigung in schnellen Kurven ist eine erfreuliche Nebenwirkung dieser Maßnahmen. Trotz alledem blieb der Rover einer der bestgefederten Wagen überhaupt, ob man nun schnell oder langsam fährt, ob man vorne oder im Fond sitzt.

Unser Testwagen sprang sehr willig an und konnte nach ca. 1 km Fahrstrecke auf den (handbetätigten) Choke verzichten. Der Motor läuft so leise, daß er akustisch nie in Erscheinung tritt, sei es bei 30 km/h oder bei 160 km/h. Das Getriebe besitzt zwei Drive-Stellungen, D1 oder D2. In D1 wird vom ersten Gang an durchgeschaltet, während in D2 mit dem zweiten Gang angefahren wird. Die Beschleunigung ist dennoch fulminant und liegt von 0-160 km/h bei ca. 32 sek.

Die Kugelumlauflenkung mit ihrem veränderlichen Untersetzungsverhältnis ist zwar sehr leichtgängig, entwickelt aber bei rascher Kurvenfahrt beachtliche Rückstellkräfte. Die Geradeauslauf-Eigenschaften entsprachen noch nicht ganz unseren Erwartungen, man muß z.B. bei hohen Geschwindigkeiten auf bombierter Straße oder bei Seitenwind mehr bewußt den Wagen lenken als dies bei einigen anderen Fabrikaten nötig erscheint. Wie schon erwähnt, fehlt jedoch die beim 2000er festgestellte Rollneigung in schnellen Kurven völlig - ein Verdienst der strafferen Federung.

50 % des Gewichtes liegen auf der Hinterachse, so daß in Verbindung mit der DeDion-Achse eine hervorragende Bodenhaftung der Antriebsräder bewirkt wird. Auch die Bremsen waren der hohen Leistung ausgezeichnet gewachsen.

Man könnte in Versuchung kommen, dem 3,5 l-Motor einen ziemlichen Benzindurst vorauszusagen, doch dem ist keineswegs so: bei unserem gewiß nicht im Bummeltempo gefahrenen Testkilometern kamen wir auf einen Gesamtverbrauch von 14,75 l auf 100 km. Der 68 l-Tank gewährleistet also auf jeden Fall einen Aktionsradius von etwa 500 km. Erklärlich wird dieser geringe Verbrauch einmal durch die aerodynamisch günstige Wagenform und außerdem durch die sehr lange Getriebeübersetzung. Man fährt praktisch immer im untersten Drehzahlbereich des drehmomentstarken Motors: 160 km/h entsprechen z.B. erst ca. 4100 U/min. Die Nenndrehzahl von 5200 U/min wird gar erst bei ca. 200 km/h erreicht (dies ist auch etwa die Höchstgeschwindigkeit des Wagens).

Rover bietet im neuen 3500er amerikanischen Leistungs- bzw. Drehmomentstandard in einem Spitzenfahrwerk europäischer Provenienz - und das ganze in sehr kompakten Außenabmessungen. Die Vorzeichen für einen solchen Wagen stehen sehr günstig. Zunächst plant man eine wöchentliche Ausstoßrate von 250 Fahrzeugen, die vorderhand nur in England abgesetzt werden. Der Export soll Ende 1968 beginnen.

auto revue / Österreich 5/1968

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