Rover 2000 / 2000 TC
Wer nach dem spezifischen Sicherheitswagen verlangt, erwartet zumeist
ungewöhnliche Außenform mit ungewohntem Interieur. Zu leicht wird
übersehen, dass die Synthese von Auto und Sicherheit stets nur ein
Kompromiss sein kann, soll der Preis des Produktes einigermaßen zivil
bleiben. Beim Rover 2000 wirkten Konstrukteur, Technologe und
Innenarchitekt in einer Weise zusammen, dass praktisch keine der
einschlägigen Disziplinen zu kurz kam. Weder der anspruchsvoll technisch
noch der ebenso komfortinteressierte Benutzer findet hier etwas, dessen
Zweckmäßigkeit und quasi Bestform nicht begründbar und beweisbar wären.
Das gilt sogar für die nicht übermäßig attraktive Karosserieform und den
recht hohen Preis der Limousine. 1963 als gänzlich neu konstruierter Pkw
herausgekommen, ist die Hochleistungsversion TC erst Anfang 1966
erschienen.
Trieb- und Fahrwerk des Rover 2000 folgen keiner Regelbauart. Der
Vierzylindermotor hat eine auffallend massige, fünfmal gelagerte
Kurbelwelle mit Drehschwingungsdämpfer, Dreistofflager, halbkugelförmig
konkav ausgehöhlte Kolben, Leichtmetall-Zylinderkopf, sechsmal gelagerte
Nockenwelle sowie einen zweistufigen Steuerungsantrieb durch hydraulisch
gespannte Doppelrollenketten mit Zwischenwelle, die ihrerseits den
Zündverteiler und die außerhalb des Kurbelgehäuses hoch angeordnete
Ölpumpe antreibt. Die parallel hängenden Ventile werden über Tonnenstößel
betätigt. Der TC-Motor besitzt eine Sportnockenwelle und zwei Vergaser.
Der Ölfilter liegt im Hauptstrom.
Originell ist die Aufhängung. Breit gelagerte untere Querlenker und lange,
hoch im Kotflügel angeordnete Längsschwingen führen die Vorderräder, eine
De Dion-Achse mit nach vorn und hinten weisenden Schräglenkern die
Hinterräder. Das Differential lagert fest am Wagenkörper. Jedes Rad hat
seine Schraubenfeder mit Teleskopstoßdämpfer – hinten als Kombination,
vorn, wo die waagerecht liegenden Federn gegen die Spritzwand drücken und
durch einen Gummikegel progressiv wirken, in getrennter
(Langhub-)Anordnung. Sämtliche Gelenke sind wartungsfrei. Die
Schneckenlenkung besitzt keine Säule, sondern nur eine kurze mehrgliedrige
Welle, gehalten von einem Stahlblechprofil. Es erlaubt eine
Höhenverstellung des Lenkrades um rund 80 mm und diesem, beim Aufprall
wegzuknicken. Die Allrad-Scheibenbremsanlage stammt von Dunlop.
Unterdruck-Bremsservo ist serienmäßig.
Wagenkörper und Ausstattung des Rover 2000 zeichnen sich durch ungemein
sorgfältige Anlage aus. Die Grundkonstruktion ist ein selbsttragendes
Stahlskelett mit überdurchschnittlicher stoßkraftabsorptionsfähigem Bug,
Windlauf und Heck, knicksteifen Seitenschwellen, hohem Mitteltunnel und
querprofilierter Bodenpartie. Basiskörper und Karosserieschalen werden
unabhängig voneinander bis zu 380 mm Höhe rostschützend verzinkt, im
Tauchverfahren vor und durch Spritzen endlackiert. Die fertig lackierten
Karosserieschalen schraubt man erst nach Probefahrt des Wagens an!
Motorhaube und Kofferraumdeckel bestehen aus Leichtmetall.
Die Ausstattung verschaffte dem Rover den Beinamen „kleiner Rolls Royce“.
Seine vier lederbezogenen Einzelsitze sind in ihren Lehnen so ausgeformt,
dass sie auch nach oben Halt geben. Genial gestaltet, besticht das
Armaturenbrett, das praktisch bloß Schalterleiste und Utensilienaufnahme
ist.
Der Rover 2000 gehört zu den ganz wenigen hinterradangetriebenen Pkw, die
gleich spurstabil wie ein Fronttriebler sind. Der Wagenkörper „schwebt“
auf den Vorderrädern, ohne dass es zu unkontrollierten oder gar
gefährlichen Situationen kommt. Was die sehr weiche Vorderradfederung
verpatzen könnte, haben die Gürtelreifen sicher im Griff und wird von der
etwas steifer gefederten Hinterachse souverän beherrscht – selbst auf
feuchter Fahrbahn. Eine Aufhängung par excellence! So aber auch die
Schaltung mit dem sehr kurzen Knüppel. Niedriger übersetzt und damit
straßenverbundener und „kurbelärmer“ wünschte man sich allerdings die Lenkung
dieses schnellen Mittelwagens. Auch bei 10 Prozent höherem
Lenkkraftaufwand ginge von seiner Leichtführigkeit nichts verloren.
Tachometer und Drehzahlmesser sind notwendige Instrumente, denn weder
Straßenzustand noch Motor- noch Windgeräusche signalisieren ausreichend
die Geschwindigkeit. Zum Glück sind die Scheibenbremsen auch so
provozierter Leichfertigkeit gewachsen – wobei allerdings wiederum der
Hinweis auf Reifen und Aufhängung nicht fehlen darf. Hier bildet das
Fahrwerk tatsächlich eine Einheit zur Sicherheit.
Illustrierter Motorsport /
DDR 1966
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