Rover 2000 TC
Seit
seinem Erscheinen vor knapp drei Jahren ist der Rover 2000 nicht nur in
England, sondern auch auf dem Kontinent zu einem Erfolgsmodell geworden.
Eine Spezialversion mit zwei Vergasern, die dem Modell auch einige
Rallye-Erfolge brachte, wird nunmehr neben dem Normalmodell angeboten.
Praktisch unterscheidet sich der TC (steht für "Twin Carburettor") vom
Normalmodell nur durch den Motor, der einen geänderten Zylinderkopf
besitzt und 17 zusätzliche Pferdestärken entwickelt. Beide
Schwestermodelle haben durch eine ganze Serie von Verbesserungen sehr
gewonnen, die seit Auslieferung der ersten 2000 auf Grund der Erfahrungen
und zur Behebung mancher aufgetretener Mängel vorgenommen worden waren.
Der
Rover 2000 wurde als ein langlebiges Automobil konzipiert, nicht nur
hinsichtlich der Lebensdauer jedes einzelnen Wagens, sondern auch die
geplante Laufzeit des Modells betreffend. Sein Konstrukteur versuchte, ein
vernünftiges Auto zu schaffen, das weder technisch noch gestaltlich zu
rasch modisch entwertet sein würde, das also etwas abseits des
Tagesgeschmacks liegen mußte. Er dachte dabei auch an die Sicherheit und
leichte Bedienbarkeit und schuf einen Fahrgastraum, dessen Struktur sehr
verwindungssteif und dessen Interieur dahin gebaut ist, schwerwiegende
Folgen eines eventuellen Unfalles zu vermeiden oder zumindest zu
verringern. Die beiden äußeren Überhänge dagegen sind leicht verformbar,
zu demontieren und zu ersetzen. Das Geräuschniveau und der Fahrkomfort
sind Rovers Tradition entsprechend. Die Radaufhängung wurde nach den
Gesichtspunkten, die Fahrbahnunebenheiten vom Wagenaufbau fernzuhalten und
trotz der Gürtelreifen, die betreffs Stabilität und Komfort Grundlage der
Planung waren, so wirksam wie möglich die Abrollgeräusche zu unterdrücken,
konstruiert.
Radaufhängung und
Straßenlage
Die
Probleme, die sich durch diese Forderungen ergeben hatten, sind auf eine
bemerkenswerte Weise gelöst worden. Hervorstechend ist die Verwendung
einer hinteren DeDion-Achse und einer ausgefallenen Vorderradaufhängung,
deren Hauptelemente von der Spritzwand, die hier einen wichtigen und sehr
steifen Bestandteil der selbsttragenden Karosserie darstellt, getragen
werden. Die großzügige Verwendung von Kautschuk hilft, einen Großteil der
Abrollgeräusche zu absorbieren und stempelt den Rover 2000 hinsichtlich
Fahrgeräuschen zu einem äußerst leisen Wagen.
Die
Federwege sind ziemlich lang, was in Verbindung mit dem stark reduzierten
Gewicht der ungefederten Massen und einer sehr wirksamen Dämpfung
ermöglichte, den Wagen viel komfortabler zu federn, als es allgemein bei
klassischen Aufhängungen realisierbar ist.
Ja,
man kann sogar sagen, daß der Rover 2000 unserer Meinung nach mit seinem
auf Fahrbahnoberflächen jeder Art sehr guten Fahrverhalten hinsichtlich
Radaufhängung unter den fünf bis sechs weltbesten Autos seinen Platz
findet, ohne dabei ihren Preis in Rechnung zu stellen. Es sei noch
hinzugefügt, daß trotz des Fehlens einer Niveauregelung die Federung fast
nie durchschlägt, höchstens wenn der Wagen sehr stark belastet ist.
Wie
es die weiche Aufhängung voraussehen läßt, ist die Seitenneigung in
schnell gefahrenen Kurven trotz eines vorderen Stabilisators ziemlich
stark, aber das leicht untersteuernde Fahrverhalten (das gegenüber den
ersten Exemplaren noch weiter verringert wurde) ist sehr sicher und
gestattet es, ohne notwendige Lenkkorrektur sehr schnell zu fahren. Im
Grenzbereich wird das Verhalten praktisch neutral, der Wagen driftet dabei
mit allen vier Rädern gleichmäßig nach außen. Höchstens auf sehr
schlechten Straßen können die Vorderräder gelegentlich die Bodenhaftung
verlieren, was sich jedoch leicht mit der Lenkung korrigieren läßt, auf
die der Wagen sehr deutlich anspricht. Sie ist sehr angenehm und exakt.
Die Rückstellkraft ist gut, ohne dabei vehement zu sein, und nur die
Manöver bei Stillstand rechtfertigen den etwas groß geratenen Durchmesser
des Lenkrades, den wir uns für eine rasche Fahrweise etwas kleiner
wünschten.
Was
am Fahrverhalten des Rover 2000 am wenigsten befriedigt, sind seine
ungenügenden Geradeauslaufeigenschaften, die immer wieder einige
Korrekturen erfordern. Vielleicht ist das auf die Spurveränderungen der
Hinterräder zurückzuführen, da die beiden Doppelgelenk-Antriebswellen über
keine Schiebegelenke verfügen (dafür ist das DeDion-Rohr teleskopisch
verschiebbar). Auch die Windempfindlichkeit des Wagens ist einigermaßen
stark.
Bremsen
Vier
über einen Servomechanismus mit doppeltem Bremskreislauf betätigte
Scheibenbremsen sichern jederzeit eine wirkungsvolle und progressive
Bremsung ohne großen Kraftaufwand. Unter allen Bedingungen haben sich die
Bremsen als sehr ausdauernd erwiesen, selbst bei schnellen Paßabfahrten.
Die Handbremse dagegen erfordert ziemlich hohen Kraftaufwand, sie wird
über einen horizontalen Hebel zwischen den Vordersitzen betätigt.
Motor und
Kraftübertragung
Mit
dem gebotenen Komfort, der sehr kompletten Ausstattung, der steifen
Karosse und der guten Schallisolierung ist der Rover kein leichter Wagen.
Seine rund 1250 kg sind viel für einen Motor von bloß zwei Litern Hubraum.
Der Zweivergasermotor entledigt sich der Aufgabe gut, wie man aus der
Höchstgeschwindigkeit von 170 km/h und dem stehenden Kilometer in 34,65
Sek. ersehen kann. Der 2000 TC ist also nicht nur für einen
Zweiliter-Tourenwagen ein schnelles Auto, sondern braucht auch sonst auf
der Straße nur selten einem anderen Tourenwagen den Vortritt lassen.
Dazu
muß allerdings auch der Fahrer seinen Teil beitragen und häufig schalten,
um die Pferde dort zu suchen, wo man sie findet, nämlich bei hohen
Drehzahlen. Der Motor mit fünffach gelagerter Kurbelwelle und
obenliegender Nockenwelle scheint ausgesprochen für eine derartige
Behandlungsweise ausgerichtet zu sein, wofür auch die Tatsache spricht,
daß der Ölstand im Verlauf der 4000 Testkilometer praktisch nicht abnahm.
Außerdem ist die Hinterachsenübersetzung zu lang, um im vierten Gang ein
Überschreiten von 5600 U/min zu ermöglichen, während die rote Zone am
Drehzahlmesser erst bei 6000 U/min beginnt. Diese 5600 Touren aber haben
wir auf Autobahnen für Dutzende und Aberdutzende Kilometer eingehalten.
Wenn
man aber den Motor wirklich zwischen 4500 und 6000 U/min hält, in welchem
Drehzahlbereich man die besten Beschleunigungsergebnisse erzielt,
entwickelt er einen beachtlichen Lärm, der hauptsächlich von
Ansauggeräuschen herrührt und zu dem sonstigen Raffinement des Wagens in
starkem Kontrast steht. Bei höheren Geschwindigkeiten würden diese
Störungen zwar durch die sehr niederen Abrollgeräusche kompensiert, so daß
der Wagen insgesamt ziemlich leise bliebe, wenn sich nicht ab ca. 150 km/h
ein starkes Vibrieren der Retourgangsperre, die im Schalthebel eingelassen
ist, einstellte. Dieses Geräusch war direkt haarsträubend, jedoch teilte
mir ein Kollege, der ebenfalls einen 2000 TC testete, mit, daß bei seinem
Wagen dieses unangenehme Vibrieren nicht auftrete.
Das
gute Getriebe, das sich über einen kleinen Hebel mit kurzen Schaltwegen
exakt bedienen läßt, erleichtert es noch, den Motor in einem günstigen
Drehzahlbereich zu halten. Zweifellos wurde die Auslegung des ersten und
zweiten Ganges für den Fall geschaffen, daß das Auto sehr stark belastet
große Steigungen überwinden muß. Für den normalen Gebrauch, sei es nun in
der Ebene oder im Gebirge, wären ein längerer erster und zweiter Gang
willkommen.
Bei
schneller Fahrweise entspricht der Verbrauch den erreichten
Fahrleistungen. Während unseres Tests, der uns unter anderem ca. 1000 km
über einen sehr gemischten Kurs führte (darunter auch eine
Alpenüberquerung über den Col de la Croix Haute), verbrauchten wir
durchschnittlich 15,3 l/100 km. Dabei war der Wagen mit zwei Personen und
sehr schwerem Gepäck belastet, was die Fahrleistungen spürbar drückte.
Fährt man langsamer, so fällt auch der Verbrauch stark ab und man kann
sogar sagen, daß bei Spazier-Fahrweise der Wagen direkt als sparsam
angesprochen werden kann, da sich Werte um 8 l/100 km realisieren lassen.
Karosserie und
Ausstattung
Fahrer der verschiedensten Größen werden sich im Rover gut untergebracht
fühlen. Eine verstellbare Lenksäule und Liegesitze, deren Rückenlehnen
vielfach auf eine sehr kommode Weise verstellbar sind, erlauben es fast
jedermann, die gewünschte Lenkradposition einzunehmen. Angenehm wäre noch
eine Verstellung der Sitzhöhe für Personen, die ihr Sichtfeld durch das
Armaturenbrett zu sehr beschnitten sehen.
Das
Armaturenbrett selbst bietet wohl das Maximum an Sicherheit bei einem
Zusammenstoß und beinhaltet außer einer großen Ablagefläche zwei große
versperrbare Fächer, die das Handschuhfach ersetzen.
Auf
dem langgestreckten Bandtachometer ist eine Einteilung in km/h und
Stundenmeilen. Rechts davon befindet sich der Drehzahlmesser
(Sonderausstattung) und ein Kilometerzähler. Weiters finden wir eine
Benzinuhr und ein Wasserthermometer. Die vier Schalter am Armaturenbrett
sind gut gekennzeichnet und unterscheiden sich nicht nur durch ihre Form,
sondern auch durch ihre Betätigung. Man riskiert also nie, die
Scheinwerfer abzudrehen, wenn man die Scheibenwischer einschalten will.
Die Geschwindigkeit des Scheibenwischers läßt sich mittels eines
Widerstandes stufenlos regeln und ein einfacher Druck auf den Schalter
betätigt die Scheibenwaschanlage. Die Vordersitze sind hervorragend, die
hinteren sind ebenfalls Einzelsitze, die durch eine zurückklappbare Stütze
getrennt sind. Diese Plätze bieten fast den gleichen Komfort wie die
vorderen, nur der Beinraum ist natürlich viel geringer.
Unter
den verschiedenen Besonderheiten der Karosserie sind noch das System der
Heizung und die Ventilation hervorzuheben, die beide gut durchdacht sind
und es ermöglichen, trotz eingeschalteter Heizung sich frische Luft ins
Gesicht blasen zu lassen. Die Scharniere der Türen sind verstellbar, für
den Fall, daß das Spiel zu groß ist. Mit Hilfe dieser Vorrichtung können
die Türen auch sehr schnell demontiert werden.
Die
Ausstattung wird durch Rückfahrscheinwerfer vervollständigt. Das Licht der
vier Scheinwerfer ist sehr gut und weitreichend, ohne dabei stark zu
streuen.
Kofferraum und
Unterhalt
Das
Reserverad wird von einer Hülle geschützt und ist im Kofferraum ziemlich
platzraubend untergebracht. Dieser selbst ist tief und weist eine größere
Kapazität auf, als man auf den ersten Blick vermutet. Bei Verwendung
kleiner Koffer kann man ziemlich viel unterbringen. Für diejenigen, denen
das nicht reicht, gibt es eine Spezialhalterung für das Reserverad, um es
an der Kofferraumhaube zu befestigen.
Der
Motorraum, dessen Haube vom Armaturenbrett aus verriegelt wird, ist von
den verschiedenen Aggregaten gut gefüllt. Abgesehen von der leicht
durchführbaren Ölstandskontrolle war während der 4000 Testkilometer kein
einziger Eingriff in den Motor nötig. Der Wagenheber versagte allerdings
seinen Dienst, als er einmal benötigt wurde. Alle Motorteile, die einer
periodischen Überprüfung bedürfen, sind gut zugänglich. Der ganze
Unterhalt beschränkt sich auf einen Ölwechsel und ein Abschmieren (2
Nippel) alle 8000 Kilometer.
Für
einen 2-Liter ist der Rover 2000 TC nicht gerade billig: Er ist ein Wagen
für Liebhaber der Qualität.
0 bis 100 km/h 13,1 Sek.
Höchstgeschwindigkeit 170
km/h
Testverbrauch 8,2 bis 15,3
l/100 km
auto
revue / Österreich 3/1967
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