Rover 2000 TC

Ein Engländer, der Beachtung verdient

Die Deutsche Rover GmbH lässt in der letzten Zeit durch Inserate wissen, "warum so wenig Leute einen Rover kaufen". Sie begründet das damit, dass "die meisten Leute den Rover gar nicht kennen". Damit haben sie recht. Und nicht nur wegen ihres Rovers. Denn wer in Deutschland kennt schon die vielen Erzeugnisse der englischen Automobilfabriken? Was tun sie denn schon, die BMC, die Rootes, die englischen Ford, die englischen GM, um in Deutschland auf den Markt zu kommen? Das liegt ja auf diesem nahen Kontinent, dieses Deutschland. Offenbar sind den Engländern immer noch jene Märkte mehr ans Herz gewachsen, die man über einen langen Seeweg erreicht. Das scheint ihnen wohl sicherer, vertrauenswürdiger, weniger aufwendig, leichter. Auf diesem Kontinent, der womöglich zur Winterzeit einmal durch einen zugefrorenen Kanal abgeschnitten sein könnte (zum Schaden des Kontinents natürlich!), scheinen ihnen die Chancen, Autos zu verkaufen, wohl schwieriger.

Nun, Rover scheint umgelernt zu haben. Was sie jetzt hier anbieten, vertreten sie mit guten Argumenten und nicht nur ihre Argumente in der Werbung sind stichhaltig. Auch der Wagen, den sie jetzt in den Vordergrund schieben, der Rover 2000 TC, ist mehr als einer Erwähnung wert. Es ist ein Engländer, der viel Beachtung verdient.

15.000 Mark sind kein Pappenstiel. Wer so viel Geld anlegt, will etwas dafür haben. Aber wer im Rover gesessen hat und mit ihm gefahren ist, der wird sich sagen, dass dieses Geld nicht hinausgeworfen ist. Da ist zunächst einmal ein Haufen Komfort. Die Sitze scheinen maßgeschneidert. Nicht nur auf den Vordersitzen hat man das Gefühl großer Bequemlichkeit, sondern auch die rückwärtigen Mitfahrer vermögen sich, auch auf langer Fahrt, gelassen auszuruhen. Die versenkbare Mittelstütze kann teilen und verbinden. Alle Sitze sind verstellbar.

Was der Rover an Sicherheit zu bieten hat, ist im Preis inbegriffen. Sie darf als Spitzenleistung bezeichnet werden: Eine robuste Karosserie, versteift wie das Stahlskelett eines Hochhauses. Keine scharfen Kanten. Wer bei einem Zusammenstoß nach vorn geschleudert wird, trifft mit seinen Knien ein glattgepolstertes, schräg abfallendes Polsterstück. Das Lenkrad kann so verstellt werden, dass sich jeder Fahrer, je nach Länge und Gewicht, eine ideale Stellung einrichten kann.

Auf den ersten Blick scheinen die Armaturen, die der Fahrer vor sich hat, etwas verwirrend. Das wirkt fast wie das nachgeahmte Cockpit eines Flugzeugs: Zündungsschalter, Choke (Gott sei Dank), Kraftstoff-Reserveanzeiger, Stadtlichtschalter, Scheinwerferschalter, Abblendschalter und Lichthupe, Hebel für Hupe und Blinkleuchten, Scheibenwischerschalter, Warnleuchte für Bremsölstand und Handbremse. Ladestromkontrolleuchte, Öldruckwarnleuchte, Chokewarnleuchte, Fernlichtwarnleuchte, Blinklichtpfeile, Kraftstoffmengenmesser, Kühlwasser-Temperaturmesser, Tacho mit Tageszähler, Schalter für Instrumentenbeleuchtung, Zeituhr, Zigarrenanzünder, Drehzahlmesser, Innenbeleuchtungshebel, Heizungshebel, Belüftungshebel (etwas vergessen?) heißen die serienmäßigen Bedienungsinstrumente dieses Autos. Links am Armaturenbrett noch ein Zugschalter, der die beschlagene Heckscheibe klar werden lässt. Soll man darüber lachen? Nein, das braucht nicht Spielzeug zu sein. Es ist ein Stück Freiheit, die man beherrschen kann, für alle Gelegenheiten und Ungelegenheiten.

Beinahe puppig sieht dieses Auto aus, wenn man es von aussen betrachtet. Dabei hält es innen mehr, als es von aussen verspricht. Platz für lange Leute und lange Beine. Sportlich wirkt der Wagen und ist es auch, und doch ist es ein eleganter Reisewagen. Sportlich der kurze Schaltknüppel, sportlich die flotten Beschleunigungszeiten. Bequem dennoch die Schalterei, wenn man es bequem haben will: im vierten Gang ruckfrei von 30 km/h an. Eine Kurvenlage durch präzise Radführung, die auch bei scharfer Fahrweise nicht die Passagiere zusammenschütteln lässt. Kurz und gut: ein handgerechtes Auto mit den Eigenschaften eines "großen" Wagens.

Zur Maschine: da traut man ja hierzulande den Engländern nichts mehr Besonderes zu. Früher waren sie für ihre Qualität berühmt. Heute sieht man oft die englischen Urlauber auf unseren Autobahnen sauer werden. Auch auf der britischen M1 beobachtet man häufiger "saure Gurken". Mit dem Rover-Motor jedoch scheint man auch auf unseren schnellen Bahnen gut aufgehoben. Die Maschine des Testwagens hatte über 20.000 km zurückgelegt und lief bei Dauerfahrten auf der Autobahn mit Höchstgeschwindigkeit (Karlsruhe - Basel) ohne nennenswerte Störung. Dass die Höchstgeschwindigkeit nicht erreicht wurde, sondern "nur" 162 km/h, lag nicht, wie ursprünglich vermutet, daran, dass die Kraftstoffüllung über 5200 U/min nicht ausreichte. Es war nur eine Kerze, die bei dieser hohen Belastung streikte. Aber so etwas soll vorkommen.

Und weil so etwas vorkommt und weil die klimatischen Bedingungen bei uns etwas anders sind als auf der Insel, sollte das Service-Netz für englische Wagen in der Bundesrepublik stärker ausgebaut werden. Wenn wir anlässlich des Internationalen Autosalons in London vor zwei Jahren sagten, die Engländer sollten etwas mehr tun, um auch in der Bundesrepublik ihre Autos loszuwerden, dann sei ihnen heute wiederholt: kommt nur mit solchen Autos wie dem Rover 2000 TC! Baut ein weiteres Service-Netz auf und überwindet den Kanal! (auch wenn er zugefroren sein sollte)

Frankfurter Allgemeine 21.12.1966

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