Rover 2000

Von Zeit zu Zeit (oft mit großen Pausen) erscheinen Automobile, die sich schon direkt bei der Einführung mit einem sicheren Maß an Exklusivität umgeben. Diese Exklusivität kann auf besondere Form oder technische Besonderheiten basieren - oder auf beidem.

Zu den Außenseitern im nie zur Ruhe kommenden Strom von neuen Automobilen gehört zweifellos der Rover 2000, ein Wagen, der bei seinem Erscheinen im Oktober 1963 großes Interesse auf sich zog und einen „herzlichen“ Empfang erhielt.

Er ist eine Kombination von Faktoren, die der Grund für dieses Interesse sind. Tatsache ist andererseits, dass Rover bei den Entwürfen zu diesem Wagen das etwas festgerostete Styling-Ruder zielbewusst auf einen ganz neuen Kurs eingestellt hat, ohne (und das allein ist schon eine ordentliche Leistung) alle Merkmale des Rover-Charakters über Bord zu werfen.

Auch ist es der konstruktiv-technische Faktor, der geradewegs die Herzen der Automobilliebhaber anspricht, mehr noch als die äußere Erscheinung, und der eine Wiedergabe von dem ist, was ein doch wahrlich nicht imposantes Unternehmen mit einem Einsatz an technischer Kraft und Vernunft vollbringen kann.

Aus diesem Einsatz ist (nach 5 Jahren Vorbereitung) ein Auto hervorgegangen, das einen vollkommen neuen Entwurf darstellt. Ein neuer Rover, aber dennoch stets ein Rover.

Über so einen Wagen - und vor allem über seine Entstehung - wäre viel zu erzählen, aber wo es heute unsere Aufgabe ist, einen Testbericht herauszubringen, wollen wir uns auf das Wesentliche beschränken.

Der Motor

Auch bei den Entwürfen zum Motor wurde das Rover-Ruder radikal herumgeworfen. Anstatt der lange verwendeten Hybride-Konstruktion mit seitlicher Nockenwelle wird für diesen 2000 eine obenliegende Nockenwelle verwendet.

Mit diesem 1978 ccm-Motor und seinen 99 SAE-PS erreichten wir (unter freilich ungünstigen Witterungsverhältnissen) eine Spitze von 164 km/h. Das maximale Drehmoment von 16,7 mkg liegt bei 3600 U/min, und trotz des beträchtlich hohen Eigengewichts des Wagens konnten gute Beschleunigungswerte erzielt werden, vorausgesetzt, dass schnell geschaltet wird. Auch bei niedrigen Drehzahlen war die Durchzugskraft ordentlich, und selbst im vierten Gang kann von ca. 40 km/h an vorsichtig beschleunigt werden. In der Stadt braucht demzufolge wenig geschaltet zu werden, vorausgesetzt, man sieht von „Kavalierstarts“ ab. Will man es dennoch tun und dem Rover die Möglichkeit geben zu zeigen, was er kann, dann darf man vor allem nicht schaltfaul sein.

Benzinverbrauch

Auch wiederum das Eigengewicht des Wagens in Betracht gezogen, ist der Testverbrauch, den wir notierten (11,2 l/100 km), durchaus akzeptabel. Auffallend ist der Verlauf der Verbrauchskurve: bis 100/110 km/h niedrig, darüber progressiv ansteigend.

Brummen bei hohen Drehzahlen

In niedrigen und mittleren Drehzahlbereichen ist der Motor sehr leise, aber in höheren Drehzahlbereichen erzeugt er einen ordentlichen Brummton, der aber wegen seiner niedrigen Frequenz eher angenehm als störend einzustufen ist. Die Geräusche des Getriebes bleiben in Grenzen und der Rest ist das typisch „singende“ Geräusch, das für so viele englische Wagen charakteristisch ist. Der Wagen selbst ist ebenfalls besonders leise und selbst auf weniger guten Straßen stören die Radialreifen diese Ruhe kaum.

Die Kraftübertragung

Das synchronisierte Vierganggetriebe ist eine konventionelle Konstruktion. Die Synchronisation funktioniert gut und bietet wenig Widerstand. Der kurze, auf dem hohen Getriebetunnel plazierte Schalthebel liegt gut zur Hand und mutet einigermaßen sportlich an. Zwar ging die Schaltung bei unserem Testwagen etwas straff, aber das lässt sich mit dem Kilometerstand von erst 8.000 entschuldigen.

Der Rückwärtsgang (mit dem kleinen Finger einzulegen) ist eine Konstruktion, die man zwar als „alt“ bezeichnen kann, die aber bestimmt nicht „veraltet“ ist.

Das Übersetzungsverhältnis des vierten Gangs kommt in die Nähe eines Overdrive, was deutlich bei Testfahrten in entgegengesetzte Richtungen zum Ausdruck kam. Weil man sehr weit im dritten Gang durchziehen kann, sollten die meisten sportlichen Fahrer diese Gelegenheit dann auch ausgiebig nutzen.

Die Fahreigenschaften

Bei diesem Rover liegt die Betonung zunächst bei dem Wissen, worauf Unterbau und Karosserie konstruiert sind. Für die Vorderradaufhängung ist ein im Prinzip normales Parallelsystem angewandt worden, wovon die oberen Träger jedoch um 90 Grad nach hinten geschwenkt und mit dem Querträger verbunden sind. Der wiederum ist, ebenso wie das hintere Ende der horizontal gelagerten Schraubenfedern, an der dicken Trennwand befestigt. Dies bietet nicht nur mehr Platz und ist bei einem Zusammenstoß weniger „verwundbar“ (für die Insassen kann obendrein die Trennwand unter bestimmten Umständen als eine Art Panzer fungieren), sondern diese Konstruktion bietet auch einen Vorteil für die Belastung und Kraftverteilung an den Vorderrädern in Kurven und beim Bremsen.

Für die Hinterradaufhängung warf Rover ein Auge auf die De-Dion-Hinterachse, ein System, das (ebenso wie alle anderen Konstruktionen) seine Vor- und Nachteile hat, das aber als unabhängige Radaufhängung mehr leistet als man vielleicht vermutet und man sollte seine sehr geringe Verbreitung nicht außer acht lassen. Eine dieser Leistungen liegt im geringen ungefederten Gewicht, das bei dieser durch Rover noch weiter perfektionierten Ausführung dadurch betont wird, dass die Bremsscheiben dicht beim Differential liegen und so gut zum gefederten Gewicht gerechnet werden können. Dies ist bestimmt keine billige Lösung, die man jedoch in Rovers Bemühungen, diesem 2000 eine ausgesprochen gute Straßenlage (im wahrsten Sinne des Wortes) zu verschaffen, mit einbeziehen muss. Eines der Merkmale dieser besonders ausgeklügelten Vorderradaufhängung und Federung ist, dass das Eintauchen beim Bremsen in gutem Maße ausgeglichen wird.

In der Praxis

Man braucht nicht lange mit diesem Rover zu fahren, um ihn als einen Klasse-Wagen zu erkennen. Die Räder folgen unter allen Umständen treu und konsequent ihrem Weg und zeigen in scharfen Kurven keine Neigung zum seitlichen Versetzen. Zwar neigt sich der Wagen stark unter diesen Umständen, aber störend ist das keineswegs und der Neigungsgrad ist auch weniger, als man aufgrund des Verhaltens in leichten Kurven erwartet.

Die Lenkung geht leicht, aber doch ziemlich indirekt und zeigt einen leichten Untersteuercharakter. Die Zahl der Lenkradumdrehungen von links nach rechts ist ziemlich groß, aber der minimale Wendekreis des Wagens ist auffallend klein.

Besonders gut ist die Stabilität des Wagens bei Geradeaus-Fahrt, wobei ohne Anstrengung hohe Geschwindigkeiten erzielt werden können, auch auf weniger guten Straßen. Unebenheiten erfordern selten oder fast nie Lenkkorrekturen, aber der Rover ist doch etwas seitenwindempfindlich.

Kräftige Scheibenbremsen

In einem Punkt ist das Bremssystem ganz in Übereinstimmung mit dem technischen Niveau dieses Wagens. Die vier Scheibenbremsen sind kräftig und erfordern demzufolge nur geringen Pedaldruck. Die erreichbare Verzögerung ist sehr hoch und von Fadingserscheinungen war kaum etwas zu spüren.

Die Karosserie

Hierbei erwähnten wir bereits, dass auch die Karosserie besondere technische Qualitäten aufweist. Übrigens zeichnet sich diese Karosserie mehr durch ihre Verarbeitung, die auf einem hohen Niveau steht, als durch ihre Räumlichkeit aus. Vorn sitzend war es möglich, ein Gefühl des „eingesperrt sein“ zu haben. Der Grund hierfür ist die ausgeprägte Armaturenbrettform in Kombination mit dem hohen Getriebetunnel. Aber hiervon abgesehen ist Platz genug.

Das gilt auch für die Rücksitze, ausser wenn die Vordersitze etwas weiter nach hinten geschoben werden und der Knieraum dann etwas knapp wird. Bemerkenswert ist, dass man hinten zwei verbundene Sitze anstatt einer durchgehenden Bank eingebaut hat. Für den Komfort von zwei Passagieren ist dies natürlich vorteilhaft, aber ein dritter Passagier (in der Mitte) kommt in dieser Hinsicht weniger gut weg.

Die Schalensitze bieten hervorragenden Seitenhalt und der Sitz hinter dem Lenkrad lässt sich in verschiedene Positionen bringen durch a) die große Verstellbarkeit in Längsrichtung, b) die stufenlos verstellbare Rückenlehne und c) durch die Verstellbarkeit des Lenkrades. Es lässt sich je 3 cm nach oben und unten verstellen. Oberflächlich betrachtet sind 6 cm nicht viel, aber der praktische Effekt ist relativ gut.

Der ziemlich knappen Bodenfläche des Kofferraumes steht die saubere Auskleidung und Verarbeitung gegenüber, derweil das Reserverad (die Plazierung ist mitverantwortlich für den beschränkt nutzbaren Kofferraum) in einem Überzug verstaut ist.

Alle Instrumente sind in einem beträchtlich kleinen Gerät zusammengefasst, das gerade richtig im Blickfeld des Fahrers liegt. In diesem Gerät sind, neben den gebräulichen Kontrollampen, auch Anzeigen für herausgezogenen Choke und angezogene Handbremse aufgenommen. Alle Lampen geben „buchstäbliche“ Warnungen via transparenten Lettern.

Die Heizung und Lüftung ist ganz auf das Qualitätsniveau dieses Wagens abgestimmt: gute Regulierbarkeit, ein geräuschlos arbeitender Ventilator, aparte Öffnungen im Armaturenbrett für direkte Zufuhr von Kaltluft, aber keine spezielle Vorrichtung für Abzug aus dem Innenraum.

Das Wort „Klasse-Wagen“ ist hier schon einige Male gefallen, und wenn dann noch das Wort „exklusiv“ hinzugesetzt wird, ist damit der Rover 2000 gut in groben Zügen dargestellt. Klasse und technische Exklusivität muss natürlich bezahlt werden, ziemlich sogar. Aber angesichts dessen, was man für den Betrag erhält, kann unter anderem festgehalten werden, dass der Preis gerechtfertigt ist. Man bekommt, um bei solch einem echten englischen Wagen auch einen echten englischen Ausdruck zu gebrauchen, „value for money“.

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