Rover 2000 Automatic
Die Rover gehören zusammen mit den Jaguar zu den meistverbreiteten
Exponenten einer spezifisch britischen Fahrzeuggattung: jener
sportlich-eleganten und gleichzeitig exklusiv-vornehmen Wagen, in denen
Furniere von ausgewähltem Holz und der Geruch echten Leders für dezente
Clubatmosphäre sorgen. Dieses Bild trifft auch auf den in mancher Hinsicht
sehr modern konzipierten Rover 2000 zu. Man mag ihn nicht in nachlässiger
Kleidung besteigen und man fühlt sich in ihm unwillkürlich zu einer
ritterlichen Fahrweise veranlaßt.
Der
mit automatischem Getriebe ausgerüstete Rover 2000 appelliert in besonders
hohem Maße an den "Gentleman driver". Die beim normalen 2000 ansehnliche
und beim 2000 TC kraftvolle Motorleistung ist hier stark abgedämpft und
läßt keine sportlichen Eskapaden zu. Dafür läuft der 2000 Automatic
samtweich und überaus geräuscharm.
Beim
Getriebeautomaten handelt es sich wiederum um ein Borg Warner-Modell 35.
Er setzt sich in der üblichen Weise aus einem hydraulischen
Drehmomentwandler und einem 3-Gang-Planetengetriebe zusammen, doch verfügt
der auf dem Kardantunnel plazierte kurze "Sportschalthebel" nach
amerikanischer Manier (jedoch nicht in gleicher Auslegung) über drei
verschiedene Vorwärtspositionen. Die einzelnen Stellungen sind von vorn
nach hinten: P, R, N, D2, D1 und L. In die Rückwärtsposition gelangt man
nur durch gleichzeitiges Betätigen des Druckknopfes auf dem Schaltknopf.
Üblicherweise fährt man in der Position D1. In ihr sind sämtliche drei
Getriebestufen einschaltbar. Der Start erfolgt in der ersten Stufe. Der
automatische Übergang in die zweite Stufe ist auch bei kräftigem Gasgeben
kaum wahrnehmbar. Es erfolgt nicht der geringste Schaltstoß, und akustisch
ist der Übergangspunkt nur bei aufmerksamem Verfolgen des Motorgeräusches
feststellbar. Auch in die dritte Getriebestufe schaltet der Automat
außerordentlich sanft. Entsprechend erfolgt allerdings der Kickdown-Effekt
sehr weich und das Beschleunigungsvermögen nur wenig erhöhend. Bei vollem
Ausfahren liegen die Schaltpunkte bei etwa 55 und 105 km/h. In L können
nur unwesentlich höhere Tempi erzielt werden.
In
der Stellung D2 sind nur die beiden oberen Stufen des Planetengetriebes
einschaltbar. Entsprechend folgt hier der Start in der mittleren Stufe und
der Kickdown läßt sich nur vom dritten in den zweiten Gang
bewerkstelligen. Die D2-Stellung soll dem Befahren von beispielsweise
vereisten Straßenstücken dienen, wo ein automatisches Herunterschalten in
die erste Getriebestufe vermieden werden muß. Zudem kann man in ihr den
Wagen notfalls anrollen oder anschleppen lassen.
Das
Fahrverhalten steht durchaus im Einklang mit der Leistung seiner
Motor-Getriebeeinheit. Eine gewisse Trägheit des Wagenaufbaus steht beim
Rover 2000 mit Automat einer sportlichen Fahrweise im Weg. Bei schneller
Kurvenfahrt neigt sich die Karosserie stark nach außen, was ein zügiges
"Slalomfahren" etwa auf Paßstraßen behindert. Dies ist die Schattenseite
der weichen, auf höchsten Komfort ausgelegten Federung. Andererseits
lassen sich nicht zu enge Einzelkurven mit ziemlich hohen
Geschwindigkeiten durchfahren, denn der Rover 2000 klebt in solchen
Fahrsituationen geradezu am Boden. In engeren Kurven hingegen ist ein
erhebliches Maß an Lenkarbeit notwendig, da dieser relativ schwere Wagen -
er wiegt immerhin rund 1300 kg - hier deutlich untersteuert.
Einen
ziemlichen Kraftaufwand verlangt die Lenkung auch beim Parkieren. Eine
Servounterstützung sollte für ein Fahrzeug dieser Klasse eigentlich
vorausgesetzt werden können. Demgegenüber sind die Vierrad-Scheibenbremsen
mit einer Servohilfe versehen, die ein sicheres Dosieren der Bremskraft
erlaubt. Auch bei starkem Abbremsen aus hoher Geschwindigkeit wirken diese
Bremsen angenehm progressiv, und sie bringen den Wagen in keiner Weise vom
Kurs ab.
Das
große Plus des Rover 2000 ist sein Komfort. Sowohl bei hohen
Autobahngeschwindigkeiten als auch bei rücksichtsloser Fahrt über
schlechte Nebenstraßen fühlen sich seine Insassen in optimaler Weise
geborgen und sicher aufgehoben. Die Stoßdämpfung absorbiert unter allen
auftretenden Bedingungen jegliche Vibrationen und Erschütterungen. Die
vier Einzelsitze (durch Hochklappen der hinteren Mittellehne läßt sich
zur Not eine fünfte Person mitführen) sind zwar verhältnismäßig knapp
bemessen, vermitteln aber gerade dadurch sicheren und bequemen Halt. Die
Vordersitze sind mit vorbildlich gut bedienbaren Griffen bis zur Liege
neigbar, und das Lenkrad läßt sich - ebenso leicht - in der Höhe
verstellen.
Das
Interieur ist aus erlesenen Materialien zusammengestellt und sorgfältig
gefertigt. Das ungewöhnlich vollständige Instrumentarium ist übersichtlich
angeordnet, wenn auch einzelne Bedienungsknöpfe etwas weit vom Fahrer weg
angebracht sind. Besonders originell ist das an ein Portabelradio
gemahnende Anzeigegerät mit dem horizontalen Tachometerband. Vorbildlich
ist die Lüftungsanlage mit individuell regulierbaren "Luftduschen" für die
beiden vorderen Insassen. Das zweistufige Heizungs- und Lüftungsgebläse
arbeitet wesentlich leiser als in den meisten anderen Wagen selbst dieser
höheren Preisklasse. In den Rover 2000-Modellen ist für die Schweiz
serienmäßig auch eine elektrische Heckscheibenheizung eingebaut. A propos
Heizung: Ihre an den Außenrändern der Mittelkonsole angebrachten
Bedienungshebel könnten unter Umständen Knieverletzungen bewirken. Dies
steht nicht im Einklang mit dieser sonst auf größtmöglichen Schutz vor
Unfallfolgen ausgelegten Konstruktion.
Neben
großen Ablageflächen im Armaturenbrett und vor der Heckscheibe stehen zwei
voluminöse, abschließbare Handschuhkästen zur Verfügung. Der Kofferraum
ist relativ klein; er läßt sich aber merklich vergrößern, wenn das
Reserverad auf dem Kofferraumdeckel montiert wird. Dies verleiht dem Rover
2000 übrigens eine besonders persönliche Note. Der hintere
Karosserieabschluß wird vom Kofferraumdeckel gebildet. Die Gepäckstücke
müssen daher nicht über eine Bordwand gehoben werden, doch behindert dafür
der Kofferdeckel des zu geringen Öffnungswinkels wegen den Einlad.
Aus
dem Wageninnern genießt man eine ausgezeichnete Rundsicht. Beim
Manövrieren ist die Sicht auf die hinteren Kotflügel eher besser als auf
die vorderen Karosserieenden. Insbesondere erschweren die Scheibenwischer
in der Ruhestellung das Erkennen der vorderen rechten Karosserieecke.
In
seiner Ausführung mit automatischem Getriebe unterscheidet sich der Rover
2000 hinsichtlich Leistung stärker als erwartet von seinen beiden
mechanisch zu schaltenden Brüdern. Dafür erlaubt er - gegen den hohen
Mehrpreis von 1450 Franken - den Personentransport in seiner
komfortabelsten Form. Nicht zu Unrecht erinnerte ein Mitglied unserer
Testequipe an den alten Ehrentitel von Rover: "Volks-Rolls".
Automobil Revue / Schweiz 20/1967
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